Blog Beatrice Müller Medientraining

Kommunikation bedeutet: begeistern

Was viele unterschätzen: Äusserlichkeiten können die Glaubwürdigkeit eines Menschen arg beschädigen – oder umgekehrt: erheblich aufwerten. Das Nonverbale, die Körpersprache, die Mimik und die Stimme, entscheiden wesentlich mit, ob der vermittelte Inhalt verstanden wird und ankommt.

„Ich will mit Inhalten, mit starken Argumenten überzeugen“, sagte mir kürzlich ein hochgestellter Manager einer Schweizer Bank. „Mir geht es um die Sache.“ Solche Aussagen höre ich immer wieder.

Aber: Der Inhalt kommt nicht an, wenn andere Faktoren nicht stimmen und vernachlässigt werden. Man nimmt nur Menschen ernst, die sich ein glaubwürdiges Profil erarbeitet haben. Nur ihnen hört man zu.

Gute Ideen haben, ist schön. Doch wenn man sie nicht an den Mann oder die Frau bringen kann, sind sie wertlos. Man muss seinen Inhalt, seine starken Ideen „verkaufen“ können. Und verkaufen kann man sie nur, wenn die Zuhörerinnen und Zuhörer sie verstanden haben und bereit sind, sie zu „kaufen“.

Worte sind wichtig, aber sie sind viel weniger wichtig, als die meisten glauben

Untersuchungen zeigen, dass die Wirkung einer Botschaft zu mehr als der Hälfte von der nonverbalen Kommunikation abhängt. Und die Stimme bestimmt zu grossem Teil, ob man zuhört. Für den Inhalt, die Botschaft, bleiben also nur noch wenige Prozent.

Man kann also noch so klug reden: Wer nonverbal versagt, verliert in der Regel auch auf der verbalen Ebene. Stimmt die nonverbale Kommunikation nicht, verpuffen intelligente Worte.

Menschen, die ihre Texte runterleiern, die in Schachtelsätzen sprechen, mit den Haaren spielen, mit den Händen fuchteln, sich auf einem Stuhl lümmeln und ständig aufs Blatt starren, kommen nicht an.

Je unglücklicher jemand wirkt, desto unglücklicher ist das Publikum mit seinem Auftritt

Man hört nicht gern Leuten zu, die unruhig und nervös wirken, die gebückt am Rednerpult stehen oder griesgrämig eine Sitzung leiten. Man schaut nicht gern gereizten, gestressten, missmutigen Menschen ins Gesicht.

Auch eine Wissenschaflerin, die kürzlich in meinem Büro war, sagte mir: „Äusserlicher Krimskrams interessiert mich nicht. Ich überzeuge mit meinen Worten“. Ich filmte einen ihrer Auftritte. Dann schauten wir uns das Bildmaterial gemeinsam an und analysierten es. „Sind sie sich bewusst“, fragte ich sie, „dass ihnen niemand zuhört?“ Die Frau Professorin blickte fast nach jedem Satz nach oben. Während des Sprechens zuckte sie mit dem Kopf, tänzelte unruhig hin und her, machte Pausen, wo keine hingehören, richtete immer wieder ihren Blusenkragen und präsentierte ihre Bandwurmsätze in einem näselnden Ton.

Wer's nicht einfach und klar sagen kann, der soll schweigen und weiterarbeiten, bis er's klar sagen kann. Karl Popper

Gute Kommunikation ist, wenn einem die Leute zuhören, wenn sie einem an den Lippen hängen, wenn sie nicht auf die Uhr schauen oder an ihrem Handy fummeln – kurz: wenn der Text ankommt. Und wie erreicht man, dass einem die Leute zuhören? Einerseits mit klar aufgebauten, verständlichen Formulierungen. Doch ebenso wichtig ist die Art und Weise, wie man den Text vorträgt – und vor allem: wie man sich gibt, wie man sich als person präsentiert.

Die Körperhaltung hat einen entscheidenden Einfluss, wie jemand wahrgenommen wird. Die Art, wie man sich bewegt, sagt mehr aus als viele Worte. Wer gebückt ans Rednerpult schlurft, hat schon verloren – ebenso jemand, der schüchtern in ein Sitzungszimmer schleicht, unruhig hin- und herblickt, bevor er mit dünnem Stimmchen die Sitzung eröffnet.

Mit den Augen kommunizieren

Sowohl bei Gesprächen im Chefbüro oder bei Sitzungen sind die Augen verräterisch. Sie zeigen, ob man nervös, unsicher oder selbstsicher ist. Wer spricht und mit den Augen hin- und herrollt – dem hört man nicht zu.

Mit ruhigem Blickkontakt kann man die Zuhörerinnen und Zuhörer fesseln und in den Bann ziehen, dies sowohl in einem Büro, einem Sitzungszimmer oder in einem grossen Saal. Wer keinen Blickkontakt sucht, nicht mit dem Gegenüber dialogisiert, verbaut sich viel.

Stehen statt sitzen

Wenn möglich: Stehen Sie aufrecht vor das Publikum, das wirkt dynamischer als sitzen. Wer steht, spricht resoluter und hat mehr Energie. Wer mit den Füssen fest auf dem Boden steht, spricht resoluter und hat mehr Punch. Hier haben Frauen – wieder einmal – einen Nachteil. Männerschuhe haben nun mal eine bessere Bodenhaftung als zierliche Frauenschuhe. Übrigens: Stehen Sie auch, wenn Sie telefonieren. Ihre Stimme wirkt überzeugender.

Es erstaunt immer wieder, wie unvorbereitet und nonchalant gewisse Chefs und Gruppenleiter in eine Sitzung gehen. Sie sagen sich: Ich kann das dann schon. Ergebnis ist oft ein monotones Geleier, das niemanden überzeugt. Doch jede Sitzung sollte eine Chance sein: Sie sollte die Anwesenden mitreissen, überzeugen, vielleicht sogar Enthusiasmus entfachen. Kommunikation heisst auch: begeistern.

Lieber eine krumme Nase als eine schlechte Stimme

Es ist seltsam: Wir bilden uns weiter, Fortbildung überall, hier ein Diplom, da noch ein Fachtitel. Wir legen Wert auf perfektes Äusseres, auf tadellose Kleidung. Doch wir verwenden kaum Aufmerksamkeit auf unsere Stimme – sie, die wesentlich mitentscheidet, ob wir überzeugen können.

Die Stimme trägt wesentlich dazu bei, wie jemand wahrgenommen wird und ob eine Botschaft ankommt oder nicht. Eine Stimme kann Wunder vollbringen. Sie entscheidet mit, ob man Erfolg hat. Mit der Stimme wird man klassiert. „Lieber eine krumme Nase als eine schlechte Stimme“, sagt man im Fernsehen. Eine gute Stimme ist ein Geschenk Gottes.

Die Stimme ist eines der wichtigsten Merkmale der Persönlichkeit. Sie gehört zu einem wie die Augenfarbe. Die Stimme weckt Sympathien oder Antipathien. Eine unangenehme Stimme verschliesst die Ohren, und zwar sofort. Mit einer angenehmen Stimme kann man überzeugen, aufmuntern, anfeuern – begeistern, berühren und verführen.

Umso erstaunlicher ist es, dass viele Leute ihre Stimme gar nicht kennen. Sie wissen gar nicht, ob ihre Stimme ankommt oder nicht. Oft erschrecken sie, wenn sie ihre Stimme hören. Wer überzeugen will, sollte bei Bedarf an seiner Stimme arbeiten. Das kann man, auch wenn es teils ein langwieriger Prozess ist.

Natürlich kann man sich auch ohne Sprechtraining durchsetzen und andere überzeugen. Doch wer gelernt hat, die Stimme richtig einzusetzen, kann gezielter überzeugen. Die Stimme ist ein wirkungsvolles Kommunikationsinstrument. In vielen von uns schlummert punkto Stimme ein Potenzial, das nicht voll ausgeschöpft ist.

Die ganze Kunst der Sprache besteht darin, verstanden zu werden. Konfuzius, Philosoph.

Die Stimme ist das eine, das Sprechen das andere. Wie viele Leute gibt es, die nuscheln und grummeln, die Laute verschlucken und vor sich hin brummeln, die falsch artikulieren, keine Struktur in der Sprechweise haben, falsche Pausen setzen, falsch intonieren, einschläfernd ihren Text hersagen. So überzeugt man nicht und schafft sich kein Profil.

Ich rate allen: Lesen Sie einen Artikel in ein Aufzeichnungsgerät. Wirkt Ihre Sprechmelodie monoton? Betonen Sie zu viel oder zu wenig? Wirkt die Sprechweise unstrukturiert? Möchten Sie jemandem wie Ihnen länger zuhören? Nur wer sich selbst ab und zu zuhört, verbessert seinen Auftritt.

An den Federn erkennt man den Vogel

Wenn ich mit meinen Kunden über Kleider sprechen, lächeln sie oft zuerst. Wieder höre ich den Satz: „Ich will mit Inhalten überzeugen, Äusserlichkeiten interessieren mit nicht.“ Doch das Outfit ist ein starkes und unmittelbares Kommunikationsmittel. Die Art, wie ein Mensch „verpackt“ ist, zeigt, wie dieser Mensch „tickt“. Mit Kleidern gibt der Mensch einen Hinweis auf seine Geisteshaltung, seine Überzeugung.

Sicher ist eines: Je auffälliger, je extravaganter ein Mensch gekleidet ist, desto weniger hört man ihm zu. Da steht eine Rednerin mit knallgrünen Haaren am Rednerpult und präsentiert einen klugen Text. Doch das Publikum hört kaum zu. Alle fragen sich, weshalb hat die Dame solch grüne Haare? Was will sie uns damit zeigen? Und während sich die Leute das überlegen, rauscht der kluge Text an einem vorbei.

Man muss nicht Armani-gestylt sein. Jede und jeder soll mit Kleidern seiner ureigenen Persönlichkeit Ausdruck geben können. Doch je unauffälliger jemand gekleidet ist, desto aufmerksamer kann man diesem zuhören. In der Business-Welt und bei Vorstellungsgesprächen rate ich noch immer zu einem anspruchsvollen, klassischen Minimalismus.

Männer müssen keine Krawatte mehr tragen – tun sie es dennoch, denken Sie daran: Krawatten mit Mickey Mouses, Fröschen, Hunden oder Kühen verraten – ganz simpel – einen schlechten Geschmack.

Authentisch heisst nicht dilettantisch

Ich sage meinen Klienten immer: Seien Sie sich selbst. Treten Sie auf, so wie Sie sind. Studieren Sie keine Gesten und keine Mimik ein. Das wirkt aufgesetzt und unnatürlich. Demonstrieren Sie Selbstbewusstsein: Ich zeige mich, wie ich bin. Ich will kein anderer, keine andere sein. Seien Sie ums Himmels Willen kein Schauspieler, der eine Rolle spielt.

Aber: ein professioneller Auftritt bedingt eine Auseinandersetzung mit sich selbst. Schauen Sie Ihre Auftritte an, nehmen Sie sie auf Video auf. Holen Sie sich Feedback dazu ein. Lernen Sie, sich kritisch mit Ihren Eigenheiten auseinanderzusetzen. Erst wer seine Stärken und Schwächen selbst ein schätzen kann, unvorteilhafte Dinge ausmerzt und seinen Auftritt bewusst gestaltet, wirkt am Ende überzeugend authentisch.