Auftrittskompetenz Coaching Beatrice Müller

PEEP statt Blabla

Wer kennt sie nicht: diese langweiligen, nie enden wollenden, monotonen und uninspirierten Präsentationen und Reden. Schnell ist alles verpufft. Kein Wort bleibt, kein Gedanke, kein Bild. Nichts. Im besten Fall die Erinnerung an das zerknitterte Hemd des Präsentators. Das muss nicht sein. Es gibt ein paar Regeln, mit denen es gelingt, das Publikum in seinen Bann zu ziehen und inhaltlich zu überzeugen. Eine davon lautet: PEEP!

Ein Mann klopft an. Er bittet um ein Coaching. In zwei Tagen soll er vor einem ausgewählten Kreis in seinem Unternehmen eine Präsentation halten. Thema: Aufdecken von Schwachstellen im Betrieb. Der junge Mann ist nervös: Vorgesetzte, aber auch Mitarbeitende des international operierenden Unternehmens sind zum Meeting geladen. Der junge Mann ahnt es: Das ist DIE Chance. Die Chance, auf sich aufmerksam zu machen. Die Chance, seiner Karriere einen entscheidenden Kick zu geben.  

Mit viel Herzblut und Engagement hat er soeben seine Doktorarbeit beendet. Keine abstrakten, weltfremden Betrachtungen hat er zusammengetragen, sondern wertvolle arbeitstechnische Informationen, die das Unternehmen betreffen, in dem er seit ein paar Jahren angestellt ist. In dieser Arbeit zeigt er konkret auf, wo eine ganze Menge „Gold“ im Unternehmen verborgen liegt, ohne dass es erkannt und genutzt wird.

Die Ergebnisse dieser Studie soll er nun auf höchster Unternehmensebene präsentieren. Doch in diesem Moment ist sein Vertrauen gleich null: Wie nur, fragt er mich, soll er seine Erkenntnisse vermitteln? Diese seien so vielfältig und komplex, dass er dafür Stunden, wenn nicht Tage bräuchte, um sie verständlich darzulegen.

PEEP statt Blabla

Versuchen Sie es doch einfach mit PEEP, anstatt mit Blabla, antworte ich ihm.  Was bedeutet dies? Punkt präsentieren, Erklärung liefern, Exempel geben, Punkt zusammenfassen – PEEP! So einfach ist es. Wäre da nicht immer der Hang nach mehr.

Präsentieren heisst Weglassen

Der Anspruch auf Vollständigkeit ist der grösste Stolperstein auf dem Weg zu einer überzeugenden Präsentation. Eine Grundregel für Präsentationen lautet deshalb: Mut haben zum Weglassen. Wer in einem begrenzten Zeitrahmen einem Publikum Inhalte vermitteln will, muss reduzieren und noch einmal reduzieren. Werfen Sie Ballast ab. Weniger ist so viel mehr!

In einer mündlichen Präsentation geht es nicht darum, sein Wissen in unendlichen Weiten auszubreiten. Es geht nicht darum, sein ganzes Können darzustellen. Es geht darum, einzelne wenige Punkte herauszuschälen und mit Erklärungen und Beispielen zu illustrieren.

Interpretieren statt auflisten

Entscheiden Sie sich aus der Fülle Ihrer Informationen für einige wenige Kernaussagen. Formulieren Sie diese Kernbotschaften klar und deutlich. Unterstützen Sie die Erläuterung mit konkreten Bildern, Geschichten, Emotionen, Beispielen. PEEP!

Nehmen Sie Ihr Publikum bei der Hand und führen sie es sorgfältig von einem Gedanken zum anderen. Fassen Sie jeden Ihrer Kernaussagen am Schluss der vertieften Betrachtung nochmals zusammen, bevor Sie zum nächsten Punkt kommen. Das Publikum muss Ihren Überlegungen Schritt für Schritt folgen können. PEEP!

AHA-Effekt auslösen

Bei der Vorbereitung einer Präsentation lautet die alles entscheidende erste Frage: Welche Kernbotschaft will ich weitergeben? Was soll sich das Publikum merken? Das Publikum muss nach Hause gehen und sagen: AHA! Das ist interessant, was ich da gehört habe. Ein Zuhörer muss fähig sein, Ihre Kernbotschaften kurz und bündig in eigenen Worten zu wiederholen.

Ein Aussagewunsch als Struktur und Anker

Damit Sie sich nicht in Details verlieren, formulieren Sie zu Beginn Ihrer Vorbereitung einen Aussagewunsch. z.Bsp.: „In dieser Präsentation will ich zeigen, dass wir in unseren Abläufen die „Learnings“ nicht auswerten und umsetzen“. Oder: „Ich will zeigen, dass wir am entscheidenden Punkt C dreimal mehr Kapazitäten einsetzen könnten und dadurch Output vervierfachen.“

Ein Aussagewunsch dient dazu, die Präsentation zu gliedern und daraus eine klare Struktur abzuleiten. Dies hilft, einen roten Faden in den Ablauf zu weben und die Präsentation logisch von Punkt zu Punkt zu führen.

Keine lineare Aneinanderreihung

In einer Präsentation geht es nicht darum, linear Aussagen an Aussagen aneinander zu reihen. Hörtechnisch gesehen, sind wir nicht imstande, solch eine Fülle von gleichwertigen linearen Informationen zu verarbeiten, geschweige denn in Erinnerung zu behalten.

Viele Studien aus der Neurowissenschaft belegen, dass wir lediglich 10-20% des Gesagten aufnehmen und verarbeiten können. Deshalb ist es unsinnig, ein Publikum mit Informationen zu bombardieren. Wichtig ist, dass Sie Ihre wenigen Kernaussagen so gestalten und präsentieren, dass sie in Erinnerung bleiben.

Handout anstelle von Bullet-Points

Eine Präsentation lebt in erster Linie durch Ihre Person und Ihre Persönlichkeit. Fassen Sie deshalb alle inhaltlichen Details in einem Handout zusammen. Und verzichten Sie auf Bullet-Points-Orgien von Powerpoint-Präsentationen.

Wenn Sie mit anschaulichen Beispielen ihre Kernaussage vertiefen, bleibt dies dem Publikum in Erinnerung. Erzählen Sie von etwas, das Sie erlebt haben, schildern Sie eine Episode, eine Begebenheit. Illustrieren Sie Ihre Kernaussage anstatt mit nichtssagenden Bullet-Points mit einem Bild oder einer Analogie. Dies bleibt im Gedächtnis haften.

"Sind noch Fragen"?

Zurück zu unserem Doktoranden: Abspecken, weglassen? – Unmöglich, seufzt er. Nach anfänglichem Widerstand stürzt er sich – etwas widerwillig – in die Vorbereitung. Zum Glück drängt die Zeit. Flapsig meint er: „Jeden Tag gehen dem Unternehmen Tausende Franken verloren. Und niemand merkt es. Da liegt ein riesiger Goldschatz begraben. Versuche ich es doch gleich mit Goldnuggets.“

Drei Goldnuggets (goldene Schoggikugeln) waren es am Ende, die den bildlichen Rahmen und die Struktur zur Präsentation gaben. Die Idee nahm Gestalt an. Er selbst begann, Freude an seiner ungewöhnlichen Präsentation zu entwickeln.

Und schliesslich entpuppte sich der Schluss der Präsentation zum eigentlichen Kickstarter. Anstatt die obligate Frage „Sind noch Fragen?“ in den Raum zu werfen, nahm er sein Publikum in die Pflicht: „Erinnern Sie sich an meine erste Aussage?“, fragte er. "Wie gehen wir diesen Punkt konkret an? Lassen Sie uns in den kommenden Wochen diese drei Aussagen, die ich Ihnen hier kurz erläutert habe, im Detail zusammen analysieren."

Der Doktorand meldete sich eine Woche später bei mir und erzählte, dass seither der Teufel los sei. Das Interesse an seinen Erkenntnissen sei riesig. Viele Inputs lägen auf dem Tisch, die von verschiedenster Seite eingeflossen seien und die nun gemeinsam analysiert würden. Einige konkrete Ideen möchte man bereits in die Tat umsetzen.

Es lebe die überzeugende Präsentation. PEEP!